Messianisch und Katholisch
Als ich in einer konservativen jüdischen Familie in einer Vorstadt von Toronto aufwuchs, besuchte ich die Synagoge regelmäßig am Schabbat und an den hohen Feiertagen. Ich sang im Chor, half in der hebräischen Schule und lebte ein überzeugtes jüdisches Leben. Mein Vater ist ein Überlebender des Holocaustes aus Polen und die Familie meiner Mutter floh vor den Pogromen in Russland. Beide ließen sich hier in Canada nieder und zogen mich und meine Schwester in einer jiddisch-sprechenden, jüdischen Umgebung, in der alle unsere Freunde Juden waren und Israel der Grund unserer Existenz war auf. Das Christentum war für uns die Religion der Außenstehenden, der Glaube der Antisemiten und Judenhaßer, der Glaube der Kreuzzügler, der Inquisitoren, der Verfolger und der Nazis. Doch meine Mutter hat mich wiederholt daran erinnert, daß "Jesus ein Jude" war.
Eines Tages bekam ich ein Buch des jiddischen Autors Scholem Asche mit dem Titel Der Nazarener in die Hand. Der jüdische Yeschua erstaunte mich, denn er ähnelte in keinster Weise all jenen, die uns über zweitausend Jahre lang gehaßt hatten. Der Film Jesus von Nazareth bestätigte das, und als ich Jahr für Jahr den Messias von Händel hörte, und dabei das schriftgemäße Libretto dieses großartigen Oratoriums untersuchte, wurde ich mehr und mehr in dieser Überzeugung bestärkt.
Messianische Freunde aus dem Synagogenchor hatten dafür gebetet, jemanden zum Herrn zu führen und so brachten sie mich in ihre kleine messianische Gruppe, die sich in ihrer Nachbarschaft traf. Ohne daß ich etwas von außen hörte, sprach der Herr zu meinem Herz und offenbarte sich mir auf übernatürliche Weise. Ich brachte ein Neues Testament auf hebräisch mit nach Hause, welches von meinen Eltern entdeckt wurde. Dies entfachte ziemliche Spannung zuhause, aber auch eine Zeit der tiefsten Freundschaft mit Yeschua.
Ich studierte Hebräisch und Griechisch in meinen ersten Jahren an der Universität und begann auch die frühen Kirchenväter zu lesen. Mein erster Griechischprofessor an der Universität von Toronto war ein tiefgläubiger Katholik, mit dem durch eine wunderbare, mit Glauben gefüllte Freundschaft verbunden war. Mein Abschluß war schließlich einer in hellenistischen Nahoststudien, d.h. über die jüdischen Schriften der hellenistischen Zeit. Auch das Neue Testament war darin enthalten. Dies war vier Jahre lang meine "Bibelschule".
In dieser Zeit wurde ich sehr aktiv in unserer ständig wachsenden messianischen Gemeinde und ich fing an zu unterrichten und zu predigen und andere Dienste in der Gemeinde zu übernehmen. Konferenzen in den Vereinigten Staaten entfachten meine Freude in Yeschua und verstärkten meine Verbindungen zu internationalen und lokalen messianischen Juden. Ich habe meine Frau Sue in der Gemeinde kennengelernt und wir haben unsere beiden Söhne im messianisch jüdischen Glauben und Lebenstiel herangezogen.
Als ich vor 27 Jahren eine Lehrerausbildung machte nahm ich einen Kurs über die katholischer Lehre, damit ich auch an katholischen Schulen unterrichten konnte. Am Ende unterrichtete ich nicht dort, aber ich habe die Erlaubnis, es zu tun. Jedoch machte ich ein zweiwöchiges Praktikum an einer katholischen Schule und unterrichtete Kindern den Katechismus und betete mit ihnen, ohne selbst katholisch zu sein. Keiner hatte Bedenken als ich lernte, das "Ave Maria" zu beten und zum ersten Mal zur Messe ging. Ich war mir nicht sicher, warum ich diesen Kurs nahm und Freunde die früher Katholiken gewesen waren, dachten ich sei verrückt.
Ich befreundete mich mit einigen jüdischen Katholiken, die unsere messianische Kongregation in Toronto besuchten. Obwohl ich über ihre Wahl der Verbindung nicht froh war, hatte ich auch gehört, daß es den hebräischen Katholiken nicht erlaubt war, der hebräisch-christlichen (heute messianisch-jüdischen) Allianz beizutreten. Später schlossen wir uns einer großen charismatischen Kirche an, aber wir hielten die Verbindung mit der messianischen Bewegung aufrecht indem wir ein monatliches Gebetreffen zur Fürsprache für Israel leiteten.
Viele Male las ich die Dokumente des zweiten vatikanischen Konzils und war sehr glücklich über Nostra Aetate und die neue Haltung der Kirche gegenüber den Juden und dem Judentum. Wie viele wissen, haben die alten Auffassungen und die Weise in der mein Volk durch die Kirche über viele Jahrhunderte hinweg behandelt wurde tiefe Wunden in den Herzen so vieler Juden hinterlassen und bei ihnen eine sehr negative Vorstellung vom Christentum und den Menschen, die zum Glauben an Jesus gekommen sind hervorgerufen. In dieser Zeit fühlte ich mich wegen den Gräueltaten die man dem jüdischen Volk in Polen und anderswo angetan hat immer noch durch die Kirche verletzt. Der letzte Papst Johannes Paul hat viel zur Heilung beigetragen. Dies war ein Schritt in die richtige Richtung. Auch der Katechismus ehrt das jüdische Volk sehr. Ich fühlte die tiefe Notwendigkeit, der katholischen Kirche zu vergeben und auch den Drang Buße für meine Verurteilung gegenüber der Kirche zu tun.
Enge Freunde von uns, die zurück in die katholische Kirche gegangen sind schlugen vor, daß wir uns das Fernsehnprogramm von EWTN (einem katholischen Fernsehnkanal in den USA) anschauen. Dort entdeckte ich Mutter Angelika und Marcus Grodi, und seitdem schaue ich ihr Programm regelmäßig. Ich war überrascht ein wunderschönes, tiefgläubiges, auf Liebe basierendes, begeisterndes Christentum welches nicht auf Show- Effekte aus war kennenzulernen. Verständlicher Weise hegte ich immer noch einige Bedenken in Hinblick auf die Doktrine, wie z.B. Maria, die Gemeinschaft der Heiligen, das Fegefeuer, um nur einige zu nennen. Die Sendung "Coming Home" ("der Heimweg") wurde seit einigen Jahren zu meinem ständigen Begleiter seitdem ich EWTN schaute. Auf unerwartete Weise wurde mein Herz davon angezogen.
Ich begann mich mit kontemplativem Gebet zu befassen und durch eine Reihe Träume und Hinweise von Freunden aus meiner Kirche fing ich an über die Heilige Theresa von Avila und den Heiligen Johannes vom Kreuz zu lesen. Ich schaute mir auch die Schriften von Henri Nouwen über das Leben der Heiligen an und war von der Gegenwart Jesu, die ich nie zuvor so erfahren hatte überwältigt und dadurch entschloßen, noch mehr zu suchen. Ich schaute weiterhin EWTN und besonders die Sendung Salz und Licht, und dies war fast das einzigste, was ich im Fernsehen seitdem schaute. Die Macht der Liebe Gottes ist so einleuchtend und seine Wahrheit und Aufrichtigkeit so gegenwärtig.
Als meine Schwester im Herbst 2007 verstarb, wendete mich mich an das stille, friedliche Heiligtum der katholischen Kirche St. Thimotheus in Toronto. Der Herr ist mir dort auf mächtige Weise begegnet, als ich sein Kreuz und die Stationen des Kreuzwegs anschaute. Letztes Jahr in der Fastenzeit war es, daß meine Frau und ich uns entschlossen, einen wöchentlichen Abendkurs, der vom Gemeindepriester der St. Thimotheus Kirche in Toronto über das geistige Leben nach Ralph Martin und seinem Buch The Fulfillment of All Desire (Die Erfüllung aller Wünsche) angeboten wurde zu besuchen. Dort begegnete ich der Messfeier persönlich. Ich hatte es im EWTN gesehen, aber nun fing ich an die WIRKLICHE GEGENWART IN DER EUCHARISTIE zu erfahren, und ich war davon überwältigt, um das Mindeste auszudrücken. Ich wollte daran teilnehmen, aber nachdem ich mit einem Priester gesprochen hatte, erfuhr ich, daß ich es nicht konnte. Seit dieser Zeit liebe ich die Messe, auf Latein wie auch auf Englisch und ich war froh zu erfahren, daß sie sogar in einigen hebräisch katholischen Gemeinden in Israel auf Hebräisch gefeiert wird.
Eines Aprils besuchten meine Frau und ich die Erhebt Jesus höher -Veranstaltung und es war in dem Seminar über die Anbetung und die göttliche Barmherzigkeit, daß wir besonders berührt wurden. Ich merkte, daß ich dieses Katholische besser kenenlernen wollte. Durch das Fernsehen haben mich Mutter Angelica, Marcus Grodi und Pater Groeschel weitergebracht. Ich begegnete anderen hebräischen Katholiken im Fernsehen: Debbie Herbeck, Bob Freedman, Roy Schoeman, and David and Rosalind Moss. Ich fing an, verschiedene katholische Websites zu lesen, darunter: "Salvation is From the Jews", (Das Heil ist von den Juden), "the Association of Hebrew Catholics", (Die Assoziation Hebräischer Katholiken) und ganz besonders einen," Katholiken für Israel". Dann begann ich eine lebendige Korrespondenz mit einigen messianisch jüdischen Katholiken.
Es war dann, daß meine Freunde mir vorschlugen, einen Einführungskurs in den katholischen Glauben zu besuchen, nur aus Interesse, nicht unter Druck. Ich traf mich mit dem Gemeindepriester und begann diesen Einführungskurs mit einem sehr gut ausgebildeten Lehrer in St. Timotheus. Da ich schon seit 30 Jahren gläubig war und Erfahrung im Dienst und im Lehren der Bibel hatte, schlug man mir vor, Einzelunterricht zu nehmen.
Als unser Sohn die Bowling Green Universität in Ohio besuchte, kamen wir in Kontakt mit Christ the King (Christ König) in Ann Arbor. Der Priester der Pfarrei dort zeigte uns die Lehrmaterialien des Einführungskurses in den katholischen Glauben, die er benutzte. Sie bestehen aus Fragen und Antworten die man mit Hilfe des Katechismus beantworten muss. Diese Kurse waren eine Bereicherung für uns beide und ich konnte auch die protestantischen und die jüdischen Hintergründe der katholischen Themen mitteilen, usw. Wir diskutierten auch die harten Nüsse des Doktrins, die ich oben erwähnt habe. Jedes Mal im Unterricht wurde ich vom Herrn von der Wahrheit dieser Doktriene überzeugt, und sie wurden ein Teil von mir. Seitdem waren wir schon sieben Mal in Christ König und und haben uns mit der Gemeinde, Priestern, den Diakonen und den Menschen dort angefreundet und sehen sie als unsere zweite Gemeinde.
Ich fing an, Gott zu fragen, ob ich Katholik werden sollte; ich wollte in Hinblick auf meinen jüdischen Hintergrund, meine Verbindungen in die messianische Welt und die Arbeit, die ich bisher gemacht habe das Richtige tun. Außer ein paar Ermutigungen einiger Freunde von St. Thimotheus, die mir sagten, sie würden für mich beten, damit mir Gott zeigt, was sein Wille ist, habe ich keinen Druck von irgendjemandem verspürt, mich der Kirche anzuschließen. Ich habe die Biographie Edith Steins gelesen und den Herrn am Epiphaniefest gefragt, mir doch bitte einige hebräische Katholiken zu schicken, um mir zu bestätigen, daß es in Ordnung ist, als messianischer Jude ein messianisch jüdischer Katholik zu werden. Der Herr antwortete mir: "Ich hab dir schon eine geschickt [Edith Stein], wofür brauchst du noch einen?`" Ich hatte die Fürsprache der Heiligen Edith Stein und der Heiligen Theresa von Avila verspürt und wußte dann, das war das richtige. Ich verspürte, wie sie mich gemeinsam mit unserer lieben Frau, die ich nun MIRIAM IMEINU (hebräisch für "Miryam unsere Mutter") nenne, drängten.
Eine andere interessante Geschichte: Als die Fastenzeit bevorstand, dachten die Leute an das Sakrament der Versöhnung. Ich war gerade mit meinen Vorbereitungen für meinen Unterricht über dieses Sakrament fertig und schaltete EWTN an und dort sah ich wie Pater Trigilio über genau dasselbe redete. Meine Frau nahm mich zum Valentinstag unserer Kathedrale mit in die hl. Messe und worüber sprach der Pastor? Versöhnung. Am Sonntag hatten wir unseren Katechese- Unterricht über die Versöhnung und der Erzbischof von Toronto, der in der Abendmesse predigte, sprach genau über, Du wirst es nicht glauben! Einen fünfzig Jahre alten Mann der in die katholische Kirche eintritt und zum ersten Mal die Freiheit und die Freude der Beichte erlebte. Nun, ich war 51 und stand kurz davor, genau die gleiche Erfahrung zu machen. Dazu kam noch daß die Lesung an dem Tag aus dem Evangelium nach Markus kam, und mein Name ist Mark. Reiner Zufall? Ich glaube nicht. Danke, Heilige Theresa!
Dann...eines Samstags abend erlebte ich schließlich den Ritus der Aufnahmemesse. Am folgenden Samstag war dann meine erste Beichte (Ich mußte 32 Jahre Sünde und Schuld bekennen, seit meiner Taufe, und zum ersten Mal fühlte ich, daß mir wirklich vergeben wurde und ich fühlte mich frei von Schuld und Scham). In der Osternachtsmesse wurde ich gefirmt und empfing meine erste Hl. Kommunion. Es hörte sich wie Musik in meinen Ohren an, als der Priester "der Leib des Herrn" sagte und ich konnte den Leib und das Blut des Herrn zum ersten Mal empfangen. Wow. Was für ein Geschenk. Ich wollte vor Freude tanzen!
Am erstaunlichsten dabei ist, daß ich das Jüdische bei all dem sehe. Zum Beispiel hängt in der Synagoge über dem Thoraschrank ein ewiges Licht; und auch die katholische Kirche hat ein Licht, das in der Nähe des Tabernakels brennt, wo die "fleischgewordene Thora" aufbewahrt wird. Es gibt in der Synagoge einen großen Tisch für die Thora; und in der Kirche ist ein Altar für die Eucharistie. In der Kirche wird die Schrift gelesen und es werden Gebete gesungen; in der Kirche wird die Schrift gelesen und Gebete werden gesungen und gelesen. Der Herr Yeshua war das Zentrum aller meiner Erfahrungen, von meiner jüdischen Jugend, über die messianischehe Gemeinde und die charismatische Kirche bis hin zur katholischen Kirche.
Hätte mir jemand vor einigen Jahren gesagt, daß dies geschehen würde, hätte ich erwiedert, er müsse wohl träumen. Aber meine Geschicht ist ein Traum, der erfüllt worden ist. Der Herr hat mir viele weitere Gnaden und Geschenke gegeben, durch Freunde in der Fürbittgebetsgruppe von St. Thimotheus. Ich hab die Geschichte auch einigen meiner anderen gläubigen Freunde erzählt und viele waren davon begeistert, aber die meisten haben die Geschichte angenommen. In der Heiligen Messe begegnet mir Jesus als wirkliche Person und ist nicht einfach nur eine Theorie oder eine Erfahrung. Der Reichtum der Geschichte, Literatur, Tradition und die vielen "Farben" der katholischen Tradition sind wirklich wunderschön.