„Palästinensischer Theologe“ wirft „palästinensische Theologie“ in den Müll
Gatestone Institute, 10. Nov 2011
Seit mehr als zwei Jahrzehnten wird die christliche Welt von den Schriften selbst ernannter „palästinensischer christlicher Theologen“ durcheinander gebracht. Da ihre hellsten Leuchten protestantische Pastoren sind, sind sie kleine Lichter unter den überwiegend orthodoxen und katholischen Gläubigen des Heiligen Landes. Doch in modernistisch-protestantischen Kreisen des Auslands sind sie eigentümlich beliebt; Kirchenbürokraten hegen sie besonders.
Jetzt hat einer von ihnen, der lutherische Pastor Mitri Raheb aus Bethlehem, all die Anstrengungen der „palästinensischen Theologie“ bis heute als irrelevanten Aufguss der europäischen Theologie des 19. Jahrhunderts auf den Müll geworfen. Und wie sieht sein Neuanfang aus? Grundsätzlich ist es Rassentheorie des neunzehnten Jahrhunderts.
Jahrzehnte lang sind Raheb und sein anglikanischer Amtskollege Naim Ateek durch protestantische Kirchen in Europa und Nordamerika getourt und haben Seminare zu „palästinensischer Theologie“ gehalten. Soll heißen: zur angeblichen theologischen Untermauerung für politische Ziele der Palästinenser. Studenten an protestantischen Universitäten sind verpflichtet worden ihre Bücher zu schlucken und in Prüfungen wieder von sich zu geben. Diejenigen, die diese neue Orthodoxie in Frage stellten, könnten sich in ihrer akademischen Zukunft ernsthaften Hindernissen gegenüber sehen.
Ateek in Jerusalem und Raheb in Bethlehem eröffneten Bildungsinstitutionen, in die Theologiestudenten aus dem Ausland geschickt wurden. Vor kurzem erhielt Raheb die Erlaubnis der palästinensischen Autonomiebehörde BA- und MA-Grade zu vergeben. Damit, dass Raheb all dieses angebliche Theologisieren bloßstellt, zündete er also eine große Bombe.
Raheb sprach im März 2010 auf der Konferenz „Christ at the Checkpoint“ (Christus an den Kontrollstellen) in Bethlehem über „Contextual Palestinian Theology as It Deals with Realities on the Ground“ (kontextabhängige palästinensische Theologie, wie sie sich mit den Realitäten vor Ort beschäftigt). Er begann mit dem Versprechen einer „neuen Denkweise“, denn: „Wir alle, selbst als palästinensische Theologen, tanzten zum Trommelschlag der europäischen Theologie des 19. Jahrhunderts; wir versuchten hier und dort zu reagieren, hier und dort etwas zu verändern, aber die Annahmen, das Denksystem, befand sich immer noch im Europa des 19. Jahrhunderts.“
Bis dahin lag Raheb mit der Entsorgung all seiner und Ateeks Arbeit und der der weniger bedeutenden Koryphäen richtig. Sowohl Raheb als auch Ateek besitzen Doktortitel von Auslandsuniversitäten, die unter dieser Art Einfluss des alten Europa geschrieben wurden. Die Fortsetzung des Vortrags Rahebs ist dann aber akademisch derart frivol, dass man sich fragt, wie er die Promotion überhaupt erhielt.
Die „erste Annahme“ seiner neuen Denkweise, verkündete er, besteht hierin: „Die Bibel konnte nirgendwo anders als in Palästina geschrieben werden.“ Doch erklären Bücher wie Esther und die Offenbarung ausdrücklich, dass sie außerhalb des Landes Israel geschrieben wurden (das eine in Persien, das andere auf einer griechischen Insel). Kennt Raheb seine Bibel nicht?
Seine zweite Annahme ist empörend, ein Widerhall der Versuche des neunzehnten Jahrhunderts die jüdische Herkunft Jesu zu verschleiern, die im „Arischen Christentum“ Nazideutschlands ihren Höhepunkt fanden. Sie besteht darin, dass „das palästinensische Volk und Teile des jüdischen Volks die Weiterführung der Völker des Landes“ sind, während „Israel das Rom der Bibel verkörpert, nicht das Volk des Landes“.
Warum? Darum: „Ich bin sicher, wenn wir einen DNA-Abgleich von David, der aus Bethlehem war, und Jesus, der in Bethlehem geboren wurde, sowie Mitri machen, der gegenüber von dort geboren wurde, wo Jesus geboren wurde, dann bin ich sicher, dass die DNA zeigen wird, dass es eine Spur gibt. Aber wenn man König David, Jesus und Netanyahu abgleicht, wird man nichts finden, denn Netanyahu kommt aus einem osteuropäischen Stamm, der im Mittelalter zum Judentum übertrat.“
Selbst wenn Rahebs Behauptungen über die Abstammung seiner selbst und Benjamin Netanyahus wahr wären, würde er sie in den Dienst von schamlosem Rassismus stellen. Doch er hat natürlich nicht den geringsten Beweis, um diese Behauptungen zu untermauern. Er weiß nichts von Netanyahus Abstammung. Und er selbst könnte, nach allem, was er weiß, von griechischen Pilgern abstammen oder von Europäern, die mit den Kreuzfahrern kamen, wie ich bereits an anderer Stelle aufgezeigt habe. Was die DNA angeht, wäre Raheb, hätte er sich bemüht, darüber informiert, was Genstudien zu Juden gezeigt haben: dass europäische Juden genetisch viel enger mit den Juden des Nahen Ostens– und selbst mit einigen der dortigen Nichtjuden – verwandt sind als mit nichtjüdischen Europäern.
Denken Sie daran, dass der Leitfaden des „Christus an den Kontrollstellen“ die Behauptung war, die heutigen israelischen Kontrollestellen würden Josef, Maria und Jesus daran hindern jemals in Bethlehem anzukommen. Fakt ist natürlich: Würde ein jüdisches Ehepaar, das sein erstes Kind erwartet, versuchen heute in Bethlehem Wohnung zu nehmen, dann würde es von der UNO, dem US-Außenministerium und allen Außenministerien der Welt als illegale Siedler denunziert. Und Maria hätte Glück, sollte sie lange genug am Leben bleiben, um ihr Kind zu gebären.
Hier hilft dann Raheb aus. Wie Yassir Arafat gerne sagte, waren Jesus und Maria keine Juden, sondern Palästinenser; also kein Problem. „Da ich gegenüber von dort geboren wurde, wo Jesus geboren wurde“, fügt Raheb an, „liebte ich immer zu sagen, dass wahrscheinlich eine meiner Ururururgroßmütter Babysitterin für Jesus war.“ Einmal mehr stellt Raheb Ignoranz der oder Verachtung für die Bibel zur Schau. Nach Angaben des Matthäus-Evangeliums floh die Heilige Familie kurz nach der Geburt Jesu nach Ägypten. Wenn irgendjemand Babysitterin für Jesus war, dann Juden in Alexandria oder Kopten.
Wir müssen Rahebs „neuem Denken“ nicht weiter nachgehen, außer sein fundamentales Ziel zu vermerken: zu zeigen, dass, wo immer die Bibel vom erwählten Volk spricht, das sie die heutigen Palästinenser und besonders die palästinensisch-arabischen Christen meint. Er erhebt tatsächlich diesen grotesken Anspruch. Denken Sie über ein paar Zitate nach und denken Sie daran, dass ursprünglich „ein Teil des jüdischen Volkes“ dazu gehörte, der aber nunmehr verschwunden ist – jetzt sind es nur Palästinenser.
„Die palästinensischen Christen sind genau genommen die einzigen in der Welt, bei denen man, wenn man über ihre Vorfahren spricht, ihre tatsächlichen Vorfahren sowie die Vorfahren im Glauben meint.“
„So sieht die Wirklichkeit der Völker des Landes aus. Wieder: Sie sind nicht Israel. Was diese Erfahrung angeht, von der ich rede, so sind es nur die Palästinenser, die dies verstehen, denn Israel verkörpert Rom.“
„Es waren unsere Vorfahren, denen die Offenbarung gegeben wurde...“
Wenn man aufmerksam die ganze von Raheb und Ateek und ihresgleichen produzierte „palästinensische Theologie“ liest, dann stellt man fest, dass diese Behauptung der Auserwähltheit der Palästinenser, mit der gleichzeitigen Disqualifizierung Israels, alles ist, was diese Übung erreichen soll. Alles Übrige ist ein zusammengebasteltes Brimborium, im Versuch zu dieser Schlussfolgerung zu kommen. Die Bedeutung der Rede Rahebs ist das Eingeständnis, dass all das frühere Brimborium ernste Untersuchungen nicht überleben kann. Sein infantiler Versuch ein neues Brimborium anzufangen, bestätigt das nur.
Das wird der Vergötterung Rahebs und Ateeks durch ihre Bewunderer keinen Abbruch tun. Denn sie werden nicht wegen ihrer intellektuellen Integrität bewundert, sondern wegen ihres Dienstes bei der Delegitimierung des gegenwärtigen Israel und des gegenwärtigen jüdischen Volks. Trotz seiner behaupteten Zurückweisung der Theologie des 19. Jahrhunderts verpackt Raheb die Behauptung von Theologen aus vergangenen Zeiten neu, dass die Kirche das „neue Israel“ ist, das das jüdische Volk ersetzt hat und dass die Bibel jetzt allein den Christen gehört. Aus Rahebs Sicht gehört sie – allein den palästinensischen Christen.
Damit erhält Raheb in Deutschland ständig andächtige Aufmerksamkeit. Er bekam 2008 den „Internationalen Aachener Friedenspreis“ verliehen. Er ist regelmäßig auf Kirchentagen gefeiert worden, den Massenfesten der deutschen Christen. Er wurde zuletzt auf dem gemeinsamen protestantisch-katholischen Kirchentag zur Schau gestellt, dessen Gastgeber im Mai 2010 die Lutherische Kirche Bayerns war – zwei Monate nach seiner Rede in Bethlehem. Ist egal, was er sagte.
Raheb war auch der Starzeuge auf der Sitzung der Vollversammlung von 2004, auf der die Presbyterianische Kirche der USA dafür stimmte Investitionen aus verschiedenen Firmen abzuziehen, die mit Israel Handel treiben. Zwei Jahre später, nach viel Streit, stimmte die nächste Vollversammlung der PCUSA dafür diese Resolution zu ersetzen und sich dafür zu entschuldigen, dass sie sich 2004 derart in die Irre führen ließ.
Dennoch müssen wir für das Spektakel von Rahebs Auftritt in Bethlehem dankbar sein. Einerseites warf er alle frühere „palästinensische Theologie“ in die Mülltonne. Andererseits würde jede anständige Universität sein „neues Denken“ mit „durchgefallen“ bewerten, würde es von einem nicht palästinensischen Studenten eingereicht. „Palästinensische Theologie“ mag weiter ihre Bewunderer haben, doch die starren einen nackten Mini-Monarchen an.